Ein unangenehmes Paar

Es war eine anstren­gende Nacht, mit viel Crui­sen und wenig Umsatz. Um 2.00 Uhr ein Blick auf den Pari­ser Platz: Nur ein Taxi stand vor dem Adlon. Ich stellte mich dahin­ter, manch­mal geht ja hier auch nachts was. Das Display zeigte mir bei den Vorbe­stel­lun­gen: “2.45 Uhr, Berlin-Taxi, 11 Perso­nen”. Das passt ja prima. Die Aussicht auf 3/4 Stunde warten wurde dadurch versüßt, dass es ja auf jeden Fall einen Auftrag geben würde. Bei Vorbe­stel­lun­gen um diese Zeit ist oft eine Tour nach Schö­ne­feld drin, Tegel und Tempel­hof haben so früh noch geschlos­sen. Und falls ich vorher einen Einstei­ger bekäme, wäre es auch gut. Also Stul­len raus, den letz­ten Rest aus der Saft­fla­sche und in der warmen Früh­lings­nacht noch einige Schritte auf dem Pari­ser Platz spazie­ren. Bald gesell­ten sich noch drei weitere Berlin-Taxis (Klein­busse) dazu, die Chance auf einen guten Auftrag lockte.
Mein Vorder­mann fuhr los, ich setzte mich ins Auto und schön öffne­ten sich die hinte­ren Türen. Ein Pärchen stieg ein, auf meine Begrü­ßung folgte Schwei­gen. “Chori­ner an der Schwed­ter” war das einzige, dass der Mann heraus­brachte. Dann wieder sibi­ri­sches Schwei­gen. Ich habe nicht verstan­den, was sie sagte, dafür war seine Reak­tion umso lauter: “Das war ja nun wieder klar, dass du damit anfängst.” Scharf wie ein Messer­stich, aber die Reak­tion seiner Beglei­te­rin war nicht weni­ger heftig: “Man wird ja wohl noch seine Meinung sagen dürfen, oder ist das jetzt auch schon verbo­ten?”
Die Stim­mung zwischen ihnen war offen­sicht­lich weit unter dem Null­punkt. Mir kamen Erin­ne­run­gen an meine Kind­heit und Jugend hoch, als meine Eltern auch so mitein­an­der umgin­gen. Es schmerzte, ich wollte so etwas nie wieder hören. Die aggres­sive Stim­mung bestimmte die ganze Fahrt. Aber es kam noch schlim­mer. Plötz­lich fragte er mich, was ich denn davon hielte, dass die Dame “so zickig” sei. Er wollte mich in den Streit hinein­zie­hen, als Verbün­de­ten gewin­nen, aber darauf hatte ich natür­lich keine Lust. “Ich möchte mich da nicht einmi­schen, ich kenne Sie ja auch gar nicht.” Doch auch das war schon zu viel. “Sie hören ja, wie sie rumzickt, das ist doch nicht normal. Solche Leute sind doch gemein­ge­fähr­lich. Haben Sie denn keine Angst, dass solche Psycho­pa­then Ihnen etwas antun?”
“Wie gesagt, ich möchte mich an Ihrem Streit nicht betei­li­gen”, entgeg­nete ich. Der Mann wurde immer lauter und schrie mich fast an: “Sie halten wohl auch zu meiner Frau, wollen sich wohl bei ihr einschlei­men!”
Lang­sam fuhr ich rechts ran und hielt an. In ruhi­gem Ton sagte ich ihm: “Geben Sie jetzt bitte Ruhe, sonst fahre ich Sie nicht weiter!” Er schaute verdutzt, aber anstatt völlig zu explo­die­ren (wie ich erwar­tet hatte), antwor­tete er klein­laut: “Ist ja gut.”
Eine Minute lang war Ruhe, dann hörte ich hinten ein leises, schar­fes Geräusch. Meine beiden Fahr­gäste zisch­ten sich wieder Gemein­hei­ten zu. Ich erwar­tete, dass es gleich wieder mit dem Streit losge­hen würde, aber dies­mal blieb es ruhig. Wir waren dann bald am Ziel, der Mann bezahlte und beide verlie­ßen das Taxi. Ich war froh, sie los zu sein.
Als ich mein Porte­mo­nee wegge­steckt hatte und gerade losfah­ren wollte, traute ich meinen Augen nicht. Die beiden Streit­hähne liefen Hand in Hand auf das Haus zu, er hielt ihr sogar noch die Tür auf! Aus diesen beiden bin ich wirk­lich nicht schlau gewor­den.

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