Reichsbank, ZK, Auswärtiges Amt

Der Komplex des deut­schen Außen­mi­nis­te­ri­ums symbo­li­siert das Amt: Vorn der Neubau, Tages­licht durch­flu­tet die riesige gläserne Eingangs­halle, in der Wech­sel­aus­stel­lung zu verschie­de­nen Ländern der Erde statt­fin­den. Ein Coffee Shop lädt zum Entspan­nen ein. Vor dem Haus fällt der Blick in die Biblio­thek. Deutsch­land gibt sich der Welt gegen­über offen.
Der hintere Teil des Amtes besteht aus dem alten Reichs­bank­ge­bäude. Zwischen Kupfer­gra­ben und Kurstraße zieht es sich fast bis zur Gertrau­den­straße hin, ewig lange Fens­ter­rei­hen zeigen schon von außen: Hier wohnt die Büro­kra­tie.

Hein­rich Wolff setzte sich beim Archi­tek­tur­wett­be­werb u.a. gegen Mies van der Rohe und Walt­her Gropius durch, es war der letzte freie Wett­be­werb bis 1945. Wolff präsen­tierte seine 60.000 Quadrat­me­ter Nutz­flä­che sowohl mit moder­nen als auch konser­va­ti­ven Gestal­tungs­ele­men­ten. Von 1934 bis 1940 dauer­ten die Bauar­bei­ten an diesem Erwei­te­rungs­bau der Reichs­bank, das alte Bank­ge­bäude in der Jäger­straße 34 war längst viel zu klein gewor­den. Vorher war der Fried­richs­wer­der von alten Bürger­häu­sern geprägt, wie das des Kauf­manns Johann Hein­rich Weydin­ger.

Eine der Haupt­auf­ga­ben der Reichs­bank war die Kriegs­fi­nan­zie­rung und beson­ders die Beschaf­fung von Gold zum Kauf von Rohstof­fen und Rüstungs­gü­tern. Die Reichs­bank veräu­ßerte Gold aus den Reser­ven der erober­ten Länder und aus dem Besitz von Opfern des NS-Regimes. Ihre Betei­li­gung an den Verbre­chen in den Konzen­tra­ti­ons- und Vernich­tungs­la­gern war Anlass für die Verur­tei­lung ihres Präsi­den­ten zu lebens­lan­ger Gefäng­nis­strafe bei den Nürn­ber­ger Prozes­sen.

Gegen Ende des Zwei­ten Welt­kriegs wurde das Gebäude der Reichs­bank erheb­lich beschä­digt, die oberen Stock­werke waren ausge­brannt. Dennoch wurde das Gebäude bereits ab Juni 1945 als Berli­ner Stadt­kon­tor und seit 1949 als Sitz des DDR-Finanz­mi­nis­te­ri­ums wieder genutzt.
1959 zog dann das Zentral­ko­mi­tee der SED ein, das von hier aus 30 Jahre lang auf maßgeb­li­che Weise die Poli­tik der DDR bestimmte. Das ZK galt als die Komman­do­brü­cke der Partei, des Staa­tes und der Wirt­schaft, hier wurden alle wesent­li­chen Entschei­dun­gen der DDR-Poli­tik gefällt. An der Spitze des Zentral­ko­mi­tees stand das Polit­büro und an dessen Spitze erst Walter Ulbricht und ab 1971 Erich Honecker (sowie ganz zum Schluss noch Egon Krenz, aber eher als Fußnote der DDR-Geschichte).

Nach der Entmach­tung der SED wurde am 24. Januar 1990 das fast fünf Meter große SED-Partei­em­blem abmon­tiert, im April trat die SED-Nach­fol­ge­rin PDS das Gebäude an das Parla­ment, die Volks­kam­mer ab. Das Gebäude wurde nun “Haus der Parla­men­ta­rier” getauft. Als der schräg gegen­über liegende Palast der Repu­blik aufgrund der hohen Asbest­be­las­tung geschlos­sen wurde, fanden hier auch die letz­ten Volks­kam­mer­sit­zun­gen statt. An diesem Ort stimm­ten die Abge­ord­ne­ten am 20. Septem­ber 1990 mehr­heit­lich dem Eini­gungs­ver­trag zu.

Die Bundes­re­pu­blik als neue Eigen­tü­me­rin vermie­tete den Komplex vorüber­ge­hend an die Deut­sche Bank sowie die Landes­zen­tral­ban­ken von Berlin-Bran­den­burg und Sach­sen-Thürin­gen. Nach dem Umzugs­be­schluss der Bundes­re­gie­rung wurde das Grund­stück als künf­ti­ger Stand­ort des Bundes­au­ßen­mi­nis­te­ri­ums ausge­wählt. Ursprüng­lich sollte das gesamte Gebäude abge­ris­sen werden, doch die öffent­li­che Kritik über diese Steu­er­ver­schwen­dung zwang zum Umden­ken. Statt Abriss und einem Neubau sollte nun eine andere Vari­ante gefun­den werden: Der Archi­tekt Hans Koll­hoff stellte sich im Rahmen der notwen­di­gen Reno­vie­rung die Heraus­for­de­rung, eine kriti­sche Distanz zu den frühe­ren Nutzun­gen zu finden, ohne diese Geschichte völlig zu verdrän­gen. In enger Zusam­men­ar­beit mit der Denk­mal­pflege wurden im Altbau ausge­wählte Raum­ensem­bles und Einzel­teile aus den 1930er, 50er und 70er Jahren erhal­ten. Durch die Paarung mit dem verglas­ten Kopf­ge­bäude erhielt der Komplex ein neues Gesicht.
So stellt sich das Auswär­tige Amt heute als moderne, offene Behörde dar, die gleich­zei­tig einen opti­schen Bezug zur Geschichte bietet, auch wenn der heutige Haus­herr wieder im selben Büro arbei­tet, wie vorher schon die Gene­ral­se­kre­täre.

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1 Kommentar

  1. Korrek­tur­hin­weise:
    Die “große” (Eingangs­halle; riesig ist sie nicht
    … regel­mä­ßig Ausstel­lun­gen (statt “Wech­sel­aus­stel­lung)
    Café (statt Coffee Shop; gibt es den noch?)
    Vor dem Haus fällt der Blick in die Biblio­thek?
    … zieht es? der hintere Teil?

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