Verschwundene U‑Bahnhöfe

Der alte Bahnhof Kottbusser Tor Richtung Osten 1928, vorn die Baustelle für den neuen Bahnhof

In Berlin gibt es seit 1902 die U‑Bahn, anfangs aller­dings vor allem als Hoch­bahn. 175 Bahn­höfe sind es derzeit, in Zukunft werden durch geplante Stre­cken­ver­län­ge­run­gen noch einige dazu kommen.

Manche Bahn­höfe sind in den Jahr­zehn­ten verschwun­den. Teil­weise einfach still­ge­legt und abge­baut, oder aber verscho­ben oder abge­ris­sen und neu errich­tet. Hier eine kleine Über­sicht über verschwun­dene U‑Bahnhöfe in Berlin.

Fran­zö­si­sche Straße
Dieser Bahn­hof unter der Fried­rich­straße in Mitte auf der U6 ist im Jahr 2020 still­ge­legt worden. 1923 eröff­net, war er ein knap­pes Jahr­hun­dert einer der zentrals­ten Bahn­höfe der östli­chen Innen­stadt. Mit dem Mauer­bau 1961 wurde die Stre­cke jedoch für die Ost-Berli­ner Bevöl­ke­rung gesperrt, wovon auch dieser Bahn­hof betrof­fen war. Er wurde zum Geis­ter­bahn­hof. Erst im Sommer 1990 konnte er wieder eröff­net werden.
Nach Fertig­stel­lung des U‑Bahnhofs Unter den Linden nur rund 150 Meter entfernt, wurde der Bahn­hof Fran­zö­si­sche Straße nicht mehr benö­tigt. Seit­dem fahren dort die Züge durch, ähnlich wie zu Mauer­zei­ten.

Pots­da­mer Platz
Der Endpunkt der ersten Berli­ner U‑Bahn-Linie war der Pots­da­mer Platz. Damals lag der Bahn­hof noch am Pots­da­mer Bahn­hof. Durch die Aufwer­tung des Leip­zi­ger Plat­zes, dem Wert­heim-Kauf­haus und verschie­de­ner Bauar­bei­ten entschied sich der Magis­trat, den U‑Bahnhof etwas weiter nord­öst­lich zu verschie­ben. So war die (damals noch hoch­herr­schaft­li­che) Leip­zi­ger Straße besser ange­bun­den. Der ursprüng­li­che U‑Bahnhof Pots­da­mer Platz wurde so nur fünf Jahre nach seiner Inbe­trieb­nahme wieder über­flüs­sig. Aber da er auch nur einglei­sig ange­legt worden war, wäre eine Erwei­te­rung sowieso nötig gewor­den. Seine Reste verschwan­den dann mit dem Bau der Nord­süd-S-Bahn.

Leopold­platz
Der Bahn­hof Leopold­platz im Wedding ist heute ein Umstei­ge­bahn­hof der U6 bzw. U9. Als er 1923 für die Linie C Rich­tung Seestraße eröff­nete, war an dieser Stelle noch nicht geplant, dass hier mal eine weitere Linie unter­halb des Bahn­hofs entlang­füh­ren würde. Entspre­chend klein war der ursprüng­li­che Bahn­hof mit einem schma­len Mittel­bahn­steig. Doch der Bau der dama­li­gen Linie G (heute U9) machte 1961 einen Abriss und komplet­ten Neubau des Bahn­hofs nötig. Dabei wurde er stark verbrei­tert. Bis zur Verlän­ge­rung der Stre­cke zur Osloer Straße 1976 war der untere Teil des Bahn­hofs die Endsta­tion.

Stra­lauer Tor / Ostha­fen
Nicht weit entfernt vom U‑Bahnhof Warschauer Straße war er einer der ersten, die bereits um die vorletzte Jahr­hun­dert­wende gebaut wurden und zur Ur-Stre­cke der Berli­ner U‑Bahn gehörte. 1924 wurde er von Bahn­hof Stra­lauer Tor in Ostha­fen umbe­nannt. Im März 1945 ist der Bahn­hof bei einem Luft­an­griff zerstört worden. Er ist der einzige U‑Bahnhof Berlins, der nach dem Krieg nicht mehr aufge­baut worden ist. Dies war nicht nötig, weil die Bahn­höfe Warschauer Straße und Schle­si­sches Tor sehr nahe waren.

Kott­bus­ser Tor
Heute steht der Hoch­bahn­hof Kott­bus­ser Tor inmit­ten des großen Kreis­ver­kehrs. Doch der 1902 eröff­nete Hoch-Bahn­hof stand ursprüng­lich weiter östlich in Rich­tung der Mari­an­nen­straße. Als jedoch Ende der 1920er Jahre die neue U‑Bahnlinie GN (heute U8) gebaut wurde, sollte eine kürzere Umstei­ge­mög­lich­keit geschaf­fen werden. Der alte Bahn­hof wurde deshalb abge­ris­sen und der wesent­lich größere unmit­tel­bar auf dem Platz errich­tet.

Möckern­brü­cke
Dieser Hoch­bahn­hof gehörte eben­falls zu den ersten, die in Betrieb gingen. Doch schnell zeigte sich, dass er den schwe­ren Zügen nicht gewach­sen war, beson­ders nach der Umstel­lung der Waggons von Holz auf Stahl. Zudem war der Bahn­hof etwas zu kurz gera­ten, er war nur circa halb so lang wie heute. So erhielt er ab 1935 in Rich­tung Osten eine Verlän­ge­rung. Als diese fertig­ge­stellt war, wurde der alte Bahn­hof abge­ris­sen und an glei­cher Stelle neu errich­tet. Bereits 1937 war der neue Bahn­hof Möckern­brü­cke fertig. Es war der einzige U‑Bahnhof, der während der NS-Zeit errich­tet worden ist.

Nürn­ber­ger Platz
Völlig verschwun­den ist dage­gen der Bahn­hof Nürn­ber­ger Platz unter der Spichern­straße. Er lag ab 1913 nahe der Geis­berg­straße, zwischen der Liet­zen­bur­ger Straße, die damals noch einen ande­ren Verlauf hatte und der Bundes­al­lee (damals Kaiser­al­lee). Nach­dem Ende der 1950er Jahre die heutige U9 gebaut wurde, die unter der Bundes­al­lee entlang­führt, musste eine Umstei­ge­mög­lich­keit zur dama­li­gen Linie A/B geschaf­fen werden. Der Bahn­hof Nürn­ber­ger Platz war im Krieg schwer beschä­digt worden, deshalb wurde er außer Betrieb genom­men und 1959 durch den Bahn­hof Spichern­straße ersetzt. Als Ausgleich Rich­tung Norden wurde auf der heuti­gen U3 der U‑Bhf. Augs­bur­ger Straße gebaut.

Nollen­dorf­platz
Was fast verges­sen ist: Es gab Anfang des 20. Jahr­hun­derts getrennte U‑Bahnnetze. Städte wie Wilmers­dorf oder Schö­ne­berg gehör­ten noch nicht zu Berlin und im feinen Westen wollte man möglichst auch keine gute Anbin­dung nach Berlin. Man hatte Angst, dass „der Pöbel“ so schnel­ler in die schi­cken Wohn­vier­tel einfal­len würde. Der noch heute impo­sante Kuppel­bau des Hoch­bahn­hofs Nollen­dorf­platz war bereits 1902 fertig­ge­stellt worden. Wenig Jahre später wurde die Schö­ne­ber­ger Unter­grund­bahn gebaut, deren Endhal­te­stelle aber kurz vor den Nolli unter­halb der Motz­straße gelegt wurde. Offen­bar dachte man, durch die weni­gen Meter Entfer­nung von Prole­ta­riat verschont zu werden.
Erst 1926 ist der Tunnel dann noch etwas verlän­gert worden und unter­halb der Hoch­bahn wurde ein neuer Bahn­hof einge­baut. Der ehema­lige Endbahn­hof in der Motz­straße ist bei einer Fahrt durch den Tunnel noch heute zu erken­nen.

Witten­berg­platz, Deut­sches Stadion, Wilhelm­platz
Zwar wurde dieser U‑Bahnhof nicht verschwenkt, trotz­dem ist es nicht mehr derselbe. Nach­dem er ursprüng­lich 1902 eröff­net worden war, sollte er zehn Jahre später zu einem wesent­lich größe­ren Bahn­hof umge­baut werden. Der gesamte Platz musste dafür aufge­ris­sen werden, sodass mehrere neue Gleise und Bahn­steige dazu­kom­men konn­ten. Statt des eins­ti­gen einfa­chen Fahr­kar­ten­häus­chens wurde nun ein reprä­sen­ta­ti­ves Eingangs­ge­bäude errich­tet, das den Witten­berg­platz bis heute domi­niert.

Auch an ande­ren Stel­len wurden vorhan­dene Bahn­höfe abge­ris­sen und durch Neubau­ten ersetzt. Zu nennen ist da vor allem der Bahn­hof Deut­sches Stadion von 1913, der Anfang der 1930er Jahre mit dem Bau des Olym­pia­sta­di­ons völlig neu errich­tet und nach ihm wurde. Außer­dem der U‑Bahnhof Wilhelms­platz in Char­lot­ten­burg, er wurde während der NS-Zeit zum Richard-Wagner-Platz umbe­nannt. Bis 1970 war er Endhal­te­stelle einer kurzen Linie. Mit dem Bau der U7 musste er komplett neu gebaut werden und wurde auch dem Groß­pro­fil ange­passt.

Einen Komplett­um­bau erlebte auch der Bahn­hof Gleis­drei­eck. Tatsäch­lich war er ursprüng­lich ein Drei­eck, von dem die Züge aus drei verschie­de­nen Rich­tun­gen einfuh­ren. Zu dieser Zeit befand sich dort zwar ein Bahn­hof, aller­dings nicht für normale Passa­giere, sondern zu Betriebs­zwe­cken. Nach einem schwe­ren Zugun­glück 1908, bei dem 20 Fahr­gäste getö­tet wurden, sind die Linien getrennt und auf zwei Ebenen verlegt worden. Gleich­zei­tig wurden zwei Bahn­steige für Fahr­gäste errich­tet.

Foto: Willy Prag­her, Landes­ar­chiv Baden-Würt­tem­berg

Wiki­me­dia Commons, CC BY 3.0

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