Den Namen Borsigwalde sollte es eigentlich gar nicht geben. Warum? Das wird am Ende dieses Textes aufgeklärt. Ansonsten gehört es aber zu den Stadtteilen in Berlin, die eng verbunden sind mit der Industriegeschichte der Stadt. Und mit einem Konzern, der für “seine” Arbeiter und Angestellten Wohnraum schaffen musste, wie z.B. auch Siemens mit der Siemensstadt.
Die Stahl- und Lokomotivfabrik Borsig entstand ursprünglich 1837 im heutigen Bezirk Mitte. Erst an der Chausseestraße, 1849 dann in Moabit an der Spree. Doch weil die Stadt immer weiter wuchs und riesige Fabrikanlagen innerhalb der Wohnviertel nicht erwünscht und unpraktisch waren, suchte sich Borsig in Tegel ein neues Gelände. Ab 1895 entstanden hier die Borsigwerke. Doch die mehrere tausend Arbeiter und Angestellten konnte auf Dauer nicht alle mit Bussen zu ihrer Arbeitsstelle befördert werden, deshalb kaufte der Konzern 50 Hektar Weidefläche von der daneben liegenden Gemeinde Dalldorf (dem späteren Wittenau). Dort wurden bis zur damaligen Jahrhundertwende zahlreiche mehrgeschossige Wohnhäuser errichtet, in langgezogenen Blöcken, im Inneren wurden Gärten angelegt. Mit dieser halboffenen Bauweise ohne dunkle Hinterhöfe sollten sich die Werkswohnungen von den Mietkasernen in der Innenstadt positiv abheben. Auch die Fassaden sollten nicht an sie erinnern: Stattdessen wurden sie mit Fachwerkgiebeln ausgestattet, Backstein und Klinker gaben ihnen ein norddeutsches Aussehen. Heute stehen diese Blöcke unter Denkmalschutz.
Doch die etwa 80 Häuser hatten anfangs weder Wasserleitungen noch eine Kanalisation und auch eine Müllabfuhr gab es nicht. So sind mehrmals Fälle von Typhuserkrankungen bekannt geworden. Diese Zustände sorgten dafür, dass zahlreiche Wohnungen in Borsigwalde nicht vermietet werden konnten.
In den 1930er Jahren zogen weitere Industriebetriebe in den südöstlichen Teil von Borsigwalde, der bis dahin noch nicht bebaut war. Bis heute befinden sich zwischen Holzhauser Straße und Eichborndamm fast nur Gewerbebetriebe und Verwaltungsgebäude.
Heute wird Borsigwalde dominiert zum einen durch das recht ruhige Wohnviertel, dem Gewerbegebiet sowie durch das große Humboldt-Krankenhaus im Norden. Borsigwalde wurde übrigens erst 2012, also elf Jahre nach der Berliner Bezirksreform als eigener Ortsteil definiert und erhielt auch ein eigenes Wappen. Darin ist ein Baum sowie das Rad einer Dampflok zu sehen. Das nimmt zwar Bezug auf die Firma Borsig, doch die eigentlichen Borsigwerke lagen gar nicht auf dem Gebiet von Borsigwalde, sondern direkt nebenan in Tegel. Und auch eine Verbindung zum Wald, also dem Tegeler Forst, hat der Ortsteil nicht. Insofern dürfte es den Namen Borsigwalde eigentlich gar nicht geben.
Beitragsfoto: Fridolin freudenfett (Peter Kuley)
Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0



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