Der andere 11. September fand 1973 in Chile statt: Die Entwicklung zu einem sozialeren Staat wurde durch einen faschistischen Militärputsch beendet. General Pinochet ließ Bomber und Panzer, Gewehre und Kanonen gegen die Bevölkerung einsetzen. Am Ende des Tages gab es etliche Tote, darunter der bisherige Präsident Salvador Allende, der im bombardierten Regierungspalast Moneda starb. Tausende Anhänger der Partei Unidad Popular wurden ins Nationalstadion von Santiago de Chile gesperrt und dort gefoltert.
In der 100 Kilometer entfernten Stadt Valparaiso gab es jedoch noch Widerstand, an den bis heute kaum etwas mehr erinnert. Auf mehrere Nachfragen in der chilenischen Nationalbibliothek wurde nicht einmal geantwortet.
Aber es gibt ein Lied, das noch heute daran erinnert, wie die Menschen der Textilfabrik Ex-Sumar reagierten. Die deutsche Übersetzung stammt von Bruno Eckhardt:
In Valparaiso, da marschierten sie ein, organisierte Faschistenbrut.
Vampire an der Kehle des Volkes, im Rinnstein fließt Arbeiterblut.
Und am 11. September in der Früh, da kam die Nachricht an:
Die Moneda steht in hellen Flammen, Allende ist ein toter Mann.
[Refrain]
Ex-Sumar, Ex-Sumar, Ex-Sumar, Ex-Sumar
Ihnen blieb keine andere Wahl
200 Mann, ein paar Gewehre
für die Nylonfabrik Ex-Sumar
Als Zweites kam der Faschistenbefehl, dass die Fabrik aufzugeben sei:
Jeder Widerstand wird mit dem Tod bestraft, mit der Unidad Popular sei es vorbei.
Sie versammelten sich in Ex-Sumar, mit Entsetzen und Zweifel im Gesicht.
Jeder wusste, dass es die Wahrheit war, doch glauben wollten sie es nicht.
Als Antwort standen die Maschinen still, in der Nylonfabrik Ex-Sumar.
Die Arbeiter berieten fast einen Tag, was als Nächstes zu machen war.
Die einen sagten, es sei aussichtslos, die anderen: Wir geben dich nicht auf.
Wir kämpfen gegen das Faschistenpack, wir nehmen dafür alles im Kauf.
Sie organisierten ihren Widerstand, in der Zeit, die ihnen noch gelassen war.
Um zu kämpfen für das, was sie selbst erschaffen, ihre Hoffnung und ihr Leben Ex-Sumar.
Und die Hände, die niemals Blut vergossen, die Chiles Zukunft aufgebaut.
Die umspannten nun den Abzugshahn und wurden mit der Waffe vertraut.
Am zwölften September gegen Nachmittag bombardierten die Gorillas Ex-Sumar.
Die Armee umstellte die Fabrik, die zur Festung geworden war.
Und sie spuckten Feuer, Verderben und Tod in die Reihen des Militärs.
Doch am Abend wurde den Kämpfern klar, dass die Fabrik nicht mehr zu halten wär.
Nach La Ligua, Esmeralda, Annibal Pinto und Pinar traten sie den Rückzug an.
Und ein jeder von ihnen hatte Waffen genug, denn es waren nicht mehr 200 Mann.
Die noch lebten, wischten sich das Blut vom Gesicht, für Allende! Hoch die Revolution!
Wir kämpfen weiter von Haus zu Haus, gebt den Faschistenhunden ihren Lohn.
Die Genossen Esquiel Ponce, Ulloa und Calderan, mit erbeuteten MGs in ihrer Hand.
Drei Arbeiter aus Ex-Sumar, die hatten diese Waffen nie gekannt.
Sie schossen Magazine und Gurte leer, doch als die letzte Kugel aus dem Lauf verschwand.
Da starben sie gemeinsam an der Kreuzung nach Pinar, weil keiner zu laden verstand.
Und ein Fahrzeug der Guardia Móvil flog in die Luft von einer Panzerfaust.
Mit ein paar Dutzend Mördern General Pinochets war’s für immer vorbei.
Wir geben euch, was euch gehört, verfluchtes Faschistenmilitär.
Doch die Morgendämmerung des dritten Tags erlebten die meisten nicht mehr.
Ist dies auch unser letzter Augenblick, der letzten Sonnenstrahl in unserem Gesicht.
So ist es nicht unsere letzte Schlacht, denn ganz Chile tötet Ihr nicht.
Genossen, die ihr gefallen seid, gegen Faschisten und Großkapital.
Euer Blut und euer Tod wiegt schwerer noch, als ein Berg aus Eisen und Stahl.

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