Britz gehört zum Bezirk Neukölln und grenzt südlich an den Ortsteil Nord-Neukölln, der bekanntlich einen schlechten Ruf hat. Gangs, Arbeitslose und Szenetypen werden dort verortet und nach Einbruch der Dunkelheit geht man angeblich lieber nicht mehr auf die Straße. Britz versteht sich dagegen als das “bessere Neukölln”. Ruhig, kleinbürgerlich und nicht hip. Wie bei Klischees üblich, stimmt nur ein Teil davon. Aber kleinbürgerlich ist Britz schon, zumindest was die gesellschaftliche Einordnung betrifft, nicht unbedingt im Denken.
Dagegen gab es vor hundert Jahren Bemühungen, dem Proletariat in Britz einen außerordentlichen Lebensort zu schaffen: Mit dem Bau der Hufeisensiedlung sowie der direkt gegenüber liegenden Krugpfuhlsiedlung entstanden zwischen 1925 und 1933 herausragende neue Wohnviertel für die arbeitende Bevölkerung. Vor allem die Hufeisensiedlung war ein Leuchtturm des sozialen Wohnungsbaus und gilt als eine Ikone des modernen Städtebaus. Seit 2008 ist sie UNESCO-Welterbe. Bekanntester Architekt war Bruno Taut, der nach der starken Wohnungsnot in den Zwanzigern nach neuen Modellen im Städtebau gesucht hat.
Während der NS-Zeit waren Bewohner der Hufeisensiedlung und der Siedlung am Krugpfuhl in unterschiedlicher Form am Widerstand gegen den Nationalsozialismus beteiligt. Heute erinnern zahlreiche Stolpersteine an sie. Doch der Terror der Nazis schlug auch hier zu, viele Sozialdemokraten und Kommunisten wurde verhaftet. In ihre Wohnungen zogen zwischen 1934 und 1938 auch führende Nazis ein, darunter Adolf Eichmann, der den Holocaust maßgeblich organisiert hat.
Bekannt ist der Ortsteil Britz natürlich auch für seine Baumblüte. Vor allem die Kirschblüte in der Onkel-Bräsig-Straße zieht im Frühling die Massen an. Vermutlich kommen sie aber vor allem zum Rummel, der jedes Jahr direkt daneben an der Parchimer Allee stattfindet. Das Baumblütenfest gibt es bereits seit 1946.
Bis Anfang des 20. Jahrhundert war die Gegend kaum besiedelt. Wo heute die Hufeisensiedlung steht, befand sich einst das Rittergut Britz. Nicht weit entfernt das Schloss und der Gutshof Britz. Das Schloss diente in der Nachkriegszeit als Kinderheim, heute ist es ein Museum, genauso wie der damalige Pferde- und Ochsenstall des Gutshofs, in dem sich das Museum Neukölln befindet. Der ehemalige Hof wird heute in verschiedener Form kulturell genutzt, es gibt eine Freiluftbühne, eine Musikschule sowie den Kulturstall.
Am Ende der nahen Backbergstraße findet man das wohl älteste Gebäude von Britz: Umgeben von einem kleinen Park steht an einem Teich gelegen die alte Dorfkirche aus der Zeit um das Jahr 1250. Und Teiche gibt es in Britz einige. Natürlich dieser Kirchteich, aber auch einer mitten in der Hufeisensiedlung, umfasst vom namensgebenden, hufeisenförmigen Wohnkomplex. Die Krugpfuhlsiedlung hat ihren Teich bereits im Namen. Nicht zu vergessen der Fennpfuhl an der Onkel-Bräsig-Straße, aber auch die versteckten Tümpel Kienpfuhl, Roetepfuhl, Rungiusteich, Brandpfuhl und Großer Eckerpfuhl.
Seen gibt es auch in der bekanntesten Attraktion des Ortsteils, dem Britzer Garten. Dieser große Park wurde für die Bundesgartenschau 1985 gestaltet und danach der allgemeinen Benutzung überlassen. Die 90 Hektar Park und Seen sind heute für die Bevölkerung ein wichtiger Naherholungsort. Er bietet Spiellandschaften und ausgedehnte Liegewiesen, einen Rhododendronhain, den Rosengarten, den Heidehof. Dazu eine Reihe von Tieren wie Gänse und Schwäne, ein Schaf- und Ziegengehege. Zentral im Garten finden am Festplatz mit der großen Bühne auch kulturelle Veranstaltungen statt.
Noch bis in die 1990er Jahre hinein war geplant, die Stadtautobahn von der Gradestraße quer durch den Britzer Garten Richtung Süden zu führen. Das ist heute wohl nicht mehr zu befürchten.
Ein anderes Wahrzeichen des Ortsteils findet man nicht im Park, sondern gleich daneben: Die Britzer Mühle ist die letzte von sechs Holländermühlen, die einst hier am Buckower Damm standen. Die Mühle ist voll funktionsfähig und wird von April bis Oktober noch zum Mahlen genutzt. Sie kann besichtigt werden, dazu gibt es auch Führungen. Zusammen mit dem Gutshof ist die Mühle das letzte steinerne Zeugnis des einst landwirtschaftlichen Dorfes Britz.
Foto: A.Savin, Wikipedia


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