Revolution in Ägypten

In diesem Moment läuft in Ägyp­ten eine Revo­lu­tion. Hundert­tau­sende sind auf der Straße, seit Husni Muba­rak am Nach­mit­tag seinen Rück­tritt erklärt hat. Aller­dings ist er nicht selbst aufge­tre­ten, sondern sein Vize­prä­si­dent Omar Sulei­man. Muba­rek ist noch in Ägyp­ten, in seinem Feri­en­do­mi­zil am Roten Meer. Es gibt das Gerücht, dass er nicht frei­wil­lig zurück­ge­tre­ten ist, sondern von der Armee gezwun­gen wurde. Schon gestern hatte sie gesagt, dass sie den Willen der Bevöl­ke­rung durch­set­zen will.

Mehrere Fern­seh­sen­der berich­ten live aus Kairo, es sind beein­dru­ckende Bilder. Tausende von Fahnen, ein riesi­ges Fest, keine Schüsse, keine Gewalt. Nach dem Rück­tritt wird der Oberste Mili­tär­rat unter Führung des bishe­ri­gen Vertei­di­gungs­mi­nis­ters, Tantawi, die Macht über­neh­men, obwohl die meis­ten erwar­tet haben, das es eine zivile Über­gangs­re­gie­rung geben wird. Tantawi kündigte Wahlen im Septem­ber an.

In ande­ren Ländern der Region gibt es Soli­da­ri­täts-Demons­tra­tio­nen. U.a. in Gaza, Beirut (Liba­non), Amman (Jorda­nien). Nach Tune­sien und jetzt Ägyp­ten ist eine Entwick­lung möglich, wie um 1989/90 im Ostblock. Die Angst bei den ande­ren Dikta­to­ren vor einem Domi­no­ef­fekt dürfte stei­gen. Auch am Bran­den­bur­ger Tor gibt es derzeit eine Demo mehre­rer hundert Ägyp­ter, aber der Sturz Merkels wird noch etwas dauern. In Algier (Alge­rien) ist für Sams­tag eine große Demons­tra­tion ange­kün­digt, die von Tausen­den Poli­zis­ten verhin­dert werden soll.

Beein­dru­ckend ist das diszi­pli­nierte Auftre­ten der Demons­tran­ten. Seit Tagen kontrol­lie­ren sie sich gegen­sei­tig auf Waffen, um jede Gewalt zu unter­bin­den. Selbst der Müll auf der Straße wird von ihnen besei­tigt, sie wollen eine “stolze Revo­lu­tion”.
Gegen 20.22 Uhr wird von Jour­na­lis­ten geschätzt, dass vier bis acht Millio­nen Demons­tran­ten auf den Stra­ßen von Kairo und Alex­an­dria sind.

Merkel und Obama begrü­ßen Muba­raks Rück­tritt. Was für eine Heuche­lei: 30 Jahren lang hat der Westen sein Regime gestützt und gehät­schelt, kaum strau­chelte er, ließen sie ihn fallen und treten noch hinter­her. So wird es auch bei den ande­ren Lieb­lin­gen wie Saudi-Arabien laufen.

Die Nach­rich­ten­sen­der verhas­peln sich in ihrer Bericht­erstat­tung. Auf N24 erfah­ren wir, dass Willy Brandt 1981 noch Bundes­kanz­ler war, n‑tv beschreibt die Lage mit “Ein Volk steht auf”. Ups, proble­ma­ti­sche Formu­lie­rung.

[Letz­tes Update: 11.2.2011,  21.22 Uhr]

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1 Kommentar

  1. Ich bewun­dere diese Menschen und wie sie sich mit Beharr­lich­keit für ihre Zukunft (ihrer Jugend) mit hohem persön­li­chen Risiko einge­bracht haben. Ich hoffe, dass ihr Kampf dauer­haft Erfolg hat und sie Soli­da­ri­tät erfah­ren — von Europa aber auch von ihren arabi­schen Nach­barn am Golf, die ihren schon teil­weise perver­sen Reich­tum nur zu gerne zur Schau tragen, ein Reich­tum der nicht ohne eine gewisse Stabi­li­tät in der Region dauer­haft Bestand haben kann.
    Man kann den Mut dieser Menschen nur Leuten empfeh­len, die sich hier in Berlin mit bren­nen­den Autos und Stei­nen als Vorhut der Welt­re­vo­lu­tion gerie­ren.

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