… mit Tarantino

Es war die “After­show­party” vom neuen Taran­tino-Film, am späten Diens­tag­abend. 150, 200 Leute stan­den vor dem Club Felix, innen war es offen­bar so voll, dass nur schwer alle rein pass­ten. Es war wie oft in solchen Sita­tio­nen: Schau­lau­fen. Man wollte gese­hen werden, die Blicke auf sich ziehen, sich wich­tig vorkom­men.
Bei 7 Grad Außen­tem­pe­ra­tur ist es eigent­lich viel zu kalt gewe­sen, für so einen kurzen Rock. Aber die Dame war hart im Nehmen, man will ja auffal­len. Ihr Beglei­ter war offen­bar ein Bekann­ter, aller­dings nicht wirk­lich vertraut. Anschei­nend waren wir im Taxi nun auf dem Weg in die erste gemein­same Nacht. In der Regel ist es so, dass dann der Mann den Gockel spielt, mit seinen Erleb­nis­sen rumprollt, um seiner gene­ti­schen Bestim­mung zu entspre­chen, den eige­nen Samen weiter­zu­ge­ben. Aber das Huhn hatte sich längst entschie­den und meinte, selber ange­ben zu müssen.
So erzählte sie von den vielen Affä­ren, die sie schon hinter sich hatte, mit welchen Schau­spie­lern sie auf Du sei, mit wem sie schon “gemein­sam aufge­wacht” sei. Dabei trug sie wirk­lich dick auf, anschei­nend hatte sie sich schon durch halb Holly­wood gevö­gelt. Ob das einen Mann nun antörnt?
Als sie sich dann über den Film unter­hiel­ten und meinte sie, einen der Schau­spie­ler, dessen Namen ihr gerade nicht einfiel, hatte sie auch schon mal. Er spielte damals die Haupt­rolle in “Das Leben der Ande­ren”. Da war er der Nazi.
Hä? Ihr Beglei­ter sagte, dass der Haupt­dar­stel­ler bereits tot sei (sie antwor­tete: “Ja, jetzt”) und dass es da auch nicht um Nazis ging, sondern um die Stasi. Der Name Ulrich Mühe fiel beiden nicht ein. Wie beiläu­fig erwähnte sie dann, dass sie auch mal “den Quen­tin hatte”.
“Was, Du hast mit Taran­tino geschla­fen?”
“Ja, aber das ist schon ein paar Wochen her. Hast Du nicht gese­hen, wie er mich vorhin immer ange­schaut hat? Er tat so, als würde er mich nicht erken­nen, aber wenn niemand hinsah, lächelte er mir zu. Er wollte mir wohl sagen, dass ich nach­her wieder mit ihm mit kommen sollte.”
“Nein, das habe ich nicht bemerkt. Das ist ja der Hammer.”
“Ach ja, der Quen­tin. War schon ne tolle Nacht mit ihm. Über ihn habe ich ja auch Travolta und den Waltz kennen­ge­lernt.”
“Hast Du mit denen etwa auch was gehabt?”
“Nein, was denkst Du denn von mir? Mit John nicht, nur mit Chris­toph. Mit John habe ich nur geflir­tet. Er wollte ja mehr, ich aber nicht.“
Leider waren wir dann an unse­rem Ziel ange­kom­men, so dass ich die Märchen­stunde dann nicht weiter verfol­gen konnte. Ich hoffe nur, dass die beiden wenigs­tens unter­ein­an­der auf ihre Kosten gekom­men sind, auch wenn kein Promi dabei war.
P.S. Ich hätte sie mal nach der Tele­fon­num­mer von Daniel Brühl fragen sollen, der würde mich ja auch inter­es­sie­ren…

(Dieser Text erschien ursprüng­lich im Taxi-Weblog von Berlin Street)

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1 Kommentar

  1. Insge­samt soll­ten wir uns als Gesell­schaft darauf besin­nen, dass es wich­ti­ger ist, Menschen aufgrund ihrer Persön­lich­keit und Leis­tun­gen zu schät­zen, als aufgrund von ober­fläch­li­chen Merk­ma­len oder Kontak­ten :-)

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