Schnittlauchlogik

Bis vor ein paar Jahren, als die Autos und Unifor­men der Poli­zei noch grün waren, gab es den bösen Witz, dass sie wie Schnitt­lauch seien: Außen grün und innen hohl. Natür­lich gab es schon damals nicht nur dumme Poli­zis­ten, aber bei manchen ist wirk­lich jede Hoff­nung auf Besse­rung vergeb­lich. So wie bei dem Exem­plar, das gestern Nacht am Ritz Carl­ton auf die Straße gestellt worden war. Der Mann hatte die Aufgabe, kein Auto in die abge­sperrte Straße vor dem Hotel rein­zu­las­sen, in dem der türki­sche Minis­ter­prä­si­dent Erdo­gan über­nach­tete. Und er tat, was ihm aufge­tra­gen ward.

Mein Fahr­gast wollte nun aber genau zu diesem Hotel und er hatte keine Lust, die letz­ten hundert Meter zu Fuß zu gehen. Also fuhr ich vom Kemper­platz bis zur Absper­rung in der Belle­vue­straße, ließ das Fens­ter herun­ter uns sagte dem Beam­ten, dass ich einen Fahr­gast zum Hotel habe. Der Mann wollte mich aber nicht durch­las­sen, obwohl das bei solchen Sper­run­gen sonst üblich ist. Wir disku­tier­ten kurz, u.a. sagte ich ihm, dass Erdo­gan doch gerade gar nicht im Hotel sei, trotz­dem gab er nicht nach. Plötz­lich stieg mein Fahr­gast aus, rannte ums Auto zu dem Poli­zis­ten und schrie ihn an: Er wäre ein wich­ti­ger Botschafts­mit­ar­bei­ter, der jetzt sofort zum Ritz Carl­ton fahren müsse und wenn wir nicht sofort durch­ge­las­sen werden, würde er großen Ärger machen.

Das beein­druckte den Beam­ten offen­bar und ich durfte nun doch bis vor den Eingang fahren. Nach­dem der Mann ausge­stie­gen war, wollte ich gera­de­aus zum Pots­da­mer Platz raus­fah­ren. Wieder aber wurde ich aufge­hal­ten, ich dürfte hier nicht durch. Jetzt war ich lang­sam sauer und schnauzte den Kerl an, was das ganze Thea­ter soll. Ich dürfte ja wohl noch das abge­sperrte Gebiet verlas­sen. Mehrere seiner Kolle­gen kamen dazu, aber niemand ließ mich durch. Ich musste das Taxi umständ­lich wenden und wieder zurück fahren, zu dem Punkt, an dem ich kurz zuvor rein­ge­kom­men war.
Doch auch hier machte der Poli­zist keine Anstal­ten, das Gitter über der Straße wegzu­schie­ben. Ich forderte ihn auf, mich durch­zu­las­sen, aber er meinte wieder, dass er hier alles absper­ren muss. Das hätte er mir außer­dem eben schon gesagt.

Das sind solche Momente, in denen man ganz gefähr­lich an der Grenze zur Beam­ten­be­lei­di­gung balan­ciert. Aber das war mir jetzt egal: “Wie intel­li­gent muss man sein, um so einen Job zu machen?”, fragte ich ihn. Offen­bar nicht beson­ders, sonst hätte er die Frage so verstan­den, wie sie gemeint war. Hat er aber nicht.
Hinter mir kamen nun mehrere Poli­zei­wa­gen ange­fah­ren, so dass der Beamte endlich die Durch­fahrt frei machte. Ich dachte nur noch an Schnitt­lauch und daran, dass viel­leicht doch ein Zusam­men­hang besteht zwischen pflicht­ver­ses­se­nem Gehor­sam und beschränk­ten Denk­ver­mö­gen.

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