Rosa Soldaten

Junge Solda­ten, die gerade ihren Wehr­dienst verrich­ten, sind ja eine Spezie für sich. Eine ähnli­che Geschichte wie die jetzt habe ich vor vier Jahren schon einmal erlebt.
Sie kamen im Rudel, zwölf Mann, profes­sio­nell teil­ten sie sich gleich auf drei Wagen auf. Weni­ger klug war, dass sich die drei brei­tes­ten auf die Rück­bank setz­ten, aber sie woll­ten unbe­dingt, dass der schmäch­tigste nach vorn sollte. Kaum losge­fah­ren ging das Mobben schon los. Über die “rosa Solda­ten”, die es ja neuer­dings bei der Bundes­wehr gäbe, also Schwule. Oder dieje­ni­gen, die dafür gehal­ten werden. Das Gespräch ging seinen leicht vorher­seh­ba­ren Gang, bis zu dem Punkt, dass auch “Pummel” für schwul gehal­ten wurde. Mit Pummel war ausge­rech­net der einzige Schlanke gemeint, der Soldat neben mir, der bis dahin nichts gesagt hatte. Auch jetzt ging er nicht auf die Sprü­che der “Kame­ra­den” ein, die versuch­ten, ihn  zu provo­zie­ren.
Dann aber mach­ten sie den Fehler, mich anzu­spre­chen. “Du Taxi­fah­rer, fährst du oft rosa Solda­ten?”
“Keine Ahnung, norma­ler­weise sagen mir die Fahr­gäste nicht, ob sie schwul oder hetero sind.”
“Aber das merkt man doch!”
“Woran denn? Reden alle Schwu­len tuntig?”
“Nein, aber weibisch sind sie doch schon. So wie Pummel neben dir!”
Großes Geläch­ter auf der Rück­bank. Ich ging nun gerne auf das Gespräch ein.
“Nicht schlecht, kennst du dich mit dem Thema besser aus?”
“Klar, die meis­ten Schwu­len die ich getrof­fen habe waren weibisch.”
“Wieviele waren das denn, dass du da so bescheid weißt?”
“Schon eine Menge.”
“Woher kommst du eigent­lich?”
“Aus Rosen­heim.”
“Ist ja inter­es­sant.”
“Wieso das?”
Obwohl der Wort­füh­rer namens Hannes keinen beson­ders intel­li­gen­ten Eindruck machte, witterte er die Falle.
“Na ja, wenn du schon allein im klei­nen Rosen­heim eine Menge Schwule kennst, hast du da wohl was mit deren Szene zu tun, oder?”
Dies­mal lachte er nicht, dafür aber die ande­ren umso lauter. Und auch sein unüber­leg­ter Rettungs­ver­such ging dane­ben.
“Ich kenne ja nicht nur in Rosen­heim Schwule.”
Mitten in das Lachen platzte der Junge neben mir heraus: “Ach, deshalb verschwin­dest du abends manch­mal aus der Kaserne!”
Im Taxi war nun der Teufel los. Auch ich musste so lachen, dass ich kaum noch auf den Verkehr achten konnte. Sogar Hannes, das Opfer, fing nun an, gequält mitzu­la­chen.
“Ihr seid doch blöd, alle drei! Und der Taxi­fah­rer auch.”
“Tref­fer und versenkt”, gluckste es neben mir. Dann waren wir auch schon bei der Kaserne ange­langt. Pummel sammelte das Fahr­geld auch von den ande­ren ein und wartete, bis sie ausge­stie­gen waren.
“Das war echt klasse von dir. Danke!”
“Schon okay, wenn es dir hoffent­lich was nützt.”
“Ich glaube schon.”
Wir grins­ten uns noch kurz an, dann stieg auch er aus.

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