Lebens­da­ten: * 9.12.1880 (Horn­dorf) + 31.10.1953 (Berlin)

Infor­ma­tio­nen zur Person:
Beherz­ter Revier­vor­ste­her

Eigent­lich war Wilhelm Krütz­feld nur ein Poli­zei­be­am­ter, preu­ßisch korrekt und auf das Recht bedacht. Doch anders als viele andere “korrekte Poli­zei­be­am­ten” ließ er sich während der NS-Zeit nicht aufsta­cheln, gegen dieje­ni­gen vorzu­ge­hen, die als unwer­tes Leben bezeich­net wurden.
Korrekte Poli­zei­be­amte schrei­ten norma­ler­weise ein, wenn eine Horde Randa­lie­rer ein Haus anzün­den will, zumal wenn es ein Gottes­haus ist. Doch im Deutsch­land des Jahres 1938, in der Nacht des 9. Novem­ber, da schau­ten die meis­ten Beam­ten weg oder nahmen sogar aktiv teil, als im ganzen Land SA-Männer die Synago­gen nieder­brann­ten, jüdi­sche Geschäfte zerstör­ten und viele Juden auf der Straße und in ihren Wohnun­gen erschlu­gen.
Krütz­feld war damals Leiter der Poli­zei­wa­che 16 am Hacke­schen Markt an der Ecke Rosen­tha­ler Straße / An der Span­dauer Brücke. Zu seinem Revier gehörte auch die Orani­en­bur­ger Straße bis zur Artil­le­rie­straße, heute Tuchol­sky­straße. Und damit der Block mit der Neuen Synagoge. Als sie 1866 eröff­net wurde, war sie die größte der Stadt und eine der schöns­ten in Deutsch­land. Schon vorher stand an dieser Stelle eine Synagoge, sie war zu klein gewor­den. Nach dem Willen der NS-Herr­scher sollte auch die Neue Synagoge in der “Reichs­po­grom­nacht” in Flam­men aufge­hen.

Wilhelm Krütz­feld also ging mit ein paar weite­ren Beam­ten zur Synagoge, als SA-Männer bereits Feuer gelegt hatten. Er erzwang ihren Rück­zug, mit vorge­hal­te­ner Pistole. Und korrekt wie er war hatte er noch ein Doku­ment dabei, das die beson­dere Schutz­wür­dig­keit des Gebäu­des beschei­nigte. Dann beor­derte er die Feuer­wehr zur Synagoge, die den Brand löschte. Diese Aktion, die natür­lich gegen den Terror der SA gerich­tet war, war damals eine Unge­heu­er­lich­keit.
Die vorläu­fige Rettung der Synagoge war jedoch nicht Krütz­feld einzige Aktion zur Rettung von Juden in seinem Revier. Hans Hirsch­berg, damals noch ein Schü­ler, erin­nerte sich an einen Besuch Krütz­felds bei seiner jüdi­schen Fami­lie. Der Offi­zier beru­higte den Vater: “Sie brau­chen sich nicht zu sorgen. Wenn wir Verhaf­tungs­lis­ten bekom­men soll­ten, rufe ich Sie an. Ich warne Sie recht­zei­tig.” Auch andere Juden beka­men solche Anrufe aus ihrem Poli­zei­re­vier am Hacke­schen Markt.

Wilhelm Krütz­feld war keiner derje­ni­gen, die im Nach­hin­ein als heroi­sche Anti­fa­schis­ten hinge­stellt wurden. Er war preu­ßi­scher Beam­ter und ein Beispiel dafür, dass man auch im Alltag dem NS-Wahn­sinn etwas entge­gen­set­zen konnte. Obwohl die Nazi-Organe und der Poli­zei­prä­si­dent natür­lich von seinem Verhal­ten am 9. Novem­ber erfuh­ren, wurde Wilhelm Krütz­feld nicht verhaf­tet oder entlas­sen. Erst 1940 versetzte man ihn in ein ande­res Poli­zei­re­vier, drei Jahre später ging er in den Ruhe­stand.
Krütz­feld war 36 Jahre lang Poli­zist. Er begann diese Tätig­keit, nach­dem er 1907 das kaiser­li­che Heer verlas­sen hatte. Nach dem Dienst im Landes­po­li­zei­amt und dem Poli­zei­prä­si­di­ums über­nahm er in den 30er Jahren das Poli­zei­re­vier 65 im Prenz­lauer Berg und dann das Revier 16 am Hacke­schen Markt.
Dass man heute über­haupt von ihm weiß, ist dem Jour­na­lis­ten und Schrift­stel­ler Heinz Knob­loch zu verdan­ken, der ihm in seinem Buch “Der beherzte Revier­vor­ste­her” ein Denk­mal setzte. Krütz­felds Ehren­grab befin­det sich auf dem Fried­hof III der Geor­gen-Paro­chi­al­ge­meinde in Weißen­see. Eine Gedenk­ta­fel neben der Neuen Synagoge in der Orani­en­bur­ger Straße erin­nert an sein Wirken

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