Rauf und runter im Taxi

Es gibt so Tage. Ewig keine Fahr­gäste, dann nur kurze Touren, ätzende Kunden und/oder Kolle­gen. Mitten­drin über­legt man, wie man das möglichst schnell been­den kann. Einfach Feier­abend machen oder tapfer durch­hal­ten, weil es ja auch wieder in die andere Rich­tung gehen kann? Hundert­mal erlebt diese Situa­tion und meis­tens entscheide ich mich für die zweite Version, auch wenn das nicht immer erfolg­reich war. Der Frust wird dann nur noch größer. Aber man muss das hinneh­men. Klar, man kann die Taktik ändern, auf der Suche nach Fahr­gäs­ten rumfah­ren, statt an der Halte zu warten. Aber dann sieht man nur die vielen ande­ren leeren Taxis vor einem und ärgert sich, dass man den Taxi­stand verlas­sen hat.

Dieser Abend war wirk­lich nicht gut gelau­fen, aber sowas habe ich auch noch nie erlebt: Gleich drei Fehl­fahr­ten hinter­ein­an­der! Nach einer Drei­vier­tel­stunde an der Taxi­halte kommt endlich ein Auftrag, ein Hotel in der Liet­zen­bur­ger Straße. Dort ange­kom­men sagt der Fahr­gast, dass sie aber nicht zu fünft sind, sondern sieben Fahr­gäste, er hätte das falsch bestellt. Er will auch noch, dass ich ihm ein größe­res Taxi rufe, entschul­digt sich nicht mal, dass er sich bei der Bestel­lung geirrt hat. Nein danke. Ich fahre wieder zurück.

Der nächste Auftrag nach einer halben Stunde, ein Restau­rant in der Schlü­ter­straße. Als ich ankomme sehe ich noch ein ande­res Taxi wegfah­ren. Der Wirt sagt, die Fahr­gäste würden drau­ßen warten. Das taten sie aber nicht mehr, sie haben sich einfach ein ande­res Taxi gewun­ken. Vielen Dank!

Dann fuhr ich eine Weile in der City West herum. Kudamm hoch, Kant­straße runter. An der Ecke zur Uhland­straße wieder ein Auftrag, ein Hotel in der Harden­berg­straße, eine Minute entfernt. Die Fahr­gäste stehen schon drau­ßen, wollen nach Prenz­lauer Berg. Oder Fried­richs­hain. Oder Kreuz­berg. Sie begin­nen zu strei­ten, schreien sich an. Und verschwin­den wieder im Hotel. Nach fünf Minu­ten Warten ziehe ich ab, seit zwei Stun­den keine Kunden mehr. Meine Lust­kurve hat den Null­punkt weit unter­schrit­ten. Was ist bloß los heute, haben bei Voll­mond wirk­lich alle eine Klat­sche?

Nach drei Fehl­fahr­ten kommt wieder ein Auftrag. Nun habe ich nun aber eine ordent­li­che Fahrt verdient, denke ich. Fünf Minu­ten später fahre ich von der Fasa­nen­straße zur Bleib­treu, fast 7 fette Euro. Bevor ich aber noch frus­trier­ter werden kann, kommt ein Mann auf mich zu: „Kennen Sie die Nale­pa­straße?“ Aber ja! Es geht nach Schö­ne­weide, eine 30-Euro-Tour, sehr schön. Kaum habe ich ihn dort abge­lie­fert und mir bei der Gele­gen­heit mal das alte DDR-Rund­funk­ge­lände ange­schaut, kommt das nächste Ange­bot: Köpe­ni­cker Chaus­see, nur zwei Kilo­me­ter entfernt. Dort ange­kom­men steht ein Pärchen mit viel Gepäck am Stra­ßen­rand. Während wir es einla­den, erscheint ein weite­res Taxi. Der Kollege ruft: „Hey, das sind meine Fahr­gäste!“ Es kommt manch­mal vor, dass Kunden doppelt bestel­len, mal aus Verse­hen, weil beide denken, er/sie sollte sich drum kümmern. Oder aber, wie in diesem Fall, weil der erste bestellte Wagen einfach nicht kommt. Dies­mal war es genauso und wie sich heraus­stellte, hatte der Kollege den Auftrag schon 20 Minu­ten vorher erhal­ten, aber die Adresse nicht gefun­den. Dass sein Auftrag stor­niert und an mich neu verge­ben wurde, hat ihn nicht inter­es­siert. Er brüllte mich an, dass ich ein Schwein sei und dass das Konse­quen­zen haben würde. Nun misch­ten sich meine Fahr­gäste ein, dass sie nach der zwei­ten Bestel­lung nur vier Minu­ten gewar­tet hätten und auch gar keine Lust haben, mit einem so aggres­si­ven Fahrer mitzu­fah­ren. Schließ­lich fuhr ich mit ihnen zum Flug­ha­fen Tegel, knapp 40 Euro. Ich war zufrie­den, aber es kam noch besser.

In Tegel stelle ich mich nicht hin, man steht dort als 400. Wagen oder noch weiter hinten, ohne eine realis­ti­sche Aussicht auf eine wirk­lich gute Fahrt. Also cruiste ich Rich­tung Char­lot­ten­burg und auf der Kant­straße kam der Auftrag zur Knese­beck­straße, fünf Perso­nen. Die woll­ten nach Teltow, sagten sie, Zehlen­dor­fer Damm. „Der ist aber in Klein­mach­now“, korri­gierte ich. „Egal, wir wollen da in ein Hotel.“ Tatsäch­lich gibt es dort das „nh-Hotel Berlin-Pots­dam“. Es ist zwar weder in Berlin, noch in Pots­dam, aber eben auch nicht in Teltow. Aber schön weit weg, genau 38 Euro weit. Es war eine lustige Fahrt mit lauter und lauten Chine­sen, mehr­mals wurde meine Fahr­weise gelobt, obwohl ich den Grund dafür nicht so ganz verstand.

Schließ­lich wollte ich danach wieder in die Innen­stadt, da meldete sich der myTaxi-Alarm. Nur ein paar Stra­ßen weiter, ein Restau­rant an der Clay­al­lee. Die junge Frau mit schla­fen­dem Baby wollte „nur noch nach Hause“, nach Mitte. Ich freute mich über die wieder sehr weite und lukra­tive Fahrt und darüber, dass ich vorhin durch­ge­hal­ten habe.

Es ist beim Taxi­fah­ren eben wie im rich­ti­gen Leben: Mal hoch und mal runter.

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Spionagestadt Berlin

Schon seit 1890 ist Berlin eine Stadt der Agen­ten. Den Anfang machte die myste­riöse “Sektion III b”, der Geheim­dienst des preu­ßi­schen Großen Gene­ral­sta­bes sowie 1907 die Staats­­­po­­li­­zei-Central­stelle (C.St.) beim König­li­chen Poli­zei­prä­si­den­ten von Berlin. Die Aufga­ben […]

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